15.11.2021
Ein Interview mit einem diplomierten Berufsberater und einer Berufsberaterin in Ausbildung.
Welche Rolle spielen die Eltern bei der Berufswahl?
Marcel Widmer: Eine sehr wichtige. Eltern sind oft die ersten Bezugspersonen der Jugendlichen. Und sie sind die Hauptverantwortlichen in diesem Prozess.
Manche sagen, Eltern seien zu dominant. Andere meinen, die Eltern sollten korrigierend eingreifen. Was stimmt nun?
Maria-Luisa Gerber: Eltern sollen die Berufswahl begleiten, aber nicht bestimmen. Sie sollen dem Kind vermitteln: Wir trauen dir die Berufswahl zu. Wir möchten, dass du dich dabei von der Schule und der internen Berufsberatung unterstützen lässt…
Marcel Widmer: …Von Montag bis Freitag ist auf unserer internen Berufs- und Studienberatung immer jemand da. Man kann einfach vorbeischauen und einen Termin vereinbaren.
Was sind die grossen Herausforderungen bei der ersten Berufswahl?
Maria-Luisa Gerber: Ich würde sagen, dass die Pubertät und die erste Berufswahl zeitlich zusammenkommen.
Marcel Widmer: Die Pubertät als «schwierige Zeit» ist auch eine «schwere Zeit» für Jugendliche. Die körperlichen Veränderungen haben starken Einfluss auf die Stimmung. Dazu kommt die Ablösung von den Eltern und die schulischen Anforderungen nehmen zu.
Wann ist der richtige Zeitpunkt für die Berufswahl?
Maria-Luisa Gerber: Die 8. Klasse ist der ideale Zeitpunkt, um sich ernsthaft Gedanken zu machen. Das heisst aber nicht, dass vorher nichts laufen sollte. Ich plädiere für ein spielerisches Herangehen bei den 12- bis 13-Jährigen.
Marcel Widmer: Ja, es braucht eine gewisse Reife, um sich selber einschätzen zu können. In der 8. Klasse sollte man sich dann aber mit Elan dem Thema widmen. Fragen Sie als Eltern nach, was diesbezüglich in der Schule und auf der Berufsberatung läuft. Mit diesem Nachfragen zeigen Sie Interesse. Unterstützen Sie unbedingt die Selbstinitiative, wenn das Kind schnuppern will. Das motiviert!
Was sollte bei der ersten Berufswahl auf keinen Fall vergessen werden?
Maria-Luisa Gerber: Die Durchlässigkeit unseres Bildungssystems. Es gibt viele Wege nach Rom. Es gibt viele Ausbildungen, die eine erfolgreiche Karriere ermöglichen.
Marcel Widmer: Das Schnuppern und der Schnupperbericht! Oft vergessen Firmen und Schnuppernde eine Bestätigung. Diese ist jedoch wichtig für das Bewerbungsdossier.
Wie wird man eigentlich Berufsberater(in)?
Marcel Widmer: Meistens über ein Psychologiestudium und ein Nachdiplomstudium. Es ist aber auch möglich, das Diplom mit einem anderen abgeschlossenen Studium und einem Weiterbildungsmaster zu erwerben. Beide Wege sind gleichwertig. Das ist ein schönes Beispiel für die Durchlässigkeit unseres Bildungssystems.
Vielen Dank für das Gespräch mit:
Autorin: Maria-Luisa Gerber, Berufs-, Studien- und Laufbahnberaterin in Ausbildung
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