14.11.2023
Das Thema «Mobbing am Arbeitsplatz» nimmt seit Jahren einen prominenten Platz in den Medien ein. Zudem müssen sich auch Gerichte aller Instanzen häufig mit diesem Thema befassen. Es lohnt sich deshalb, einen Blick auf die aktuellen rechtlichen Grundlagen zum Schutz vor bzw. bei Mobbing zu werfen.
Je nachdem, welche Berichte und Studien herangezogen werden, geben aktuell zwischen 8 % und 10 % der Befragten in der Schweiz an, schon Opfer von Mobbing am Arbeitsplatz geworden zu sein – das ist immerhin ungefähr jede(r) 12. und etwas höher als der europäische Schnitt. Die Tendenz ist steigend, unter anderem auch wegen der ständig zunehmenden Möglichkeiten, jemanden über Internet und Social Media jederzeit und auch anonym belästigen zu können.
Bereits vor über 20 Jahren verlangte eine parlamentarische Initiative im Nationalrat die Schaffung gesetzlicher Grundlagen im Arbeitsvertragsrecht für den Schutz vor Mobbing. Es wurde ihr keine Folge gegeben, nach Meinung einer Mehrheit im Parlament genügten die aktuellen – auch heute noch unverändert gültigen – gesetzlichen Grundlagen.
Gemäss Art. 328 OR muss der Arbeitgeber die
Persönlichkeit der Arbeitnehmenden achten und schützen (sogenannte
Fürsorgepflicht). Er muss alle Massnahmen treffen, die dafür nötig, dem Betrieb
angemessen und zumutbar sind. Gemäss Art. 6 des Arbeitsgesetzes und Art. 2 der
Arbeitsverordnung gehören dazu auch Massnahmen zum Schutz der persönlichen
Integrität und zur Gewährleistung der psychischen Gesundheit der
Arbeitnehmenden.
Dass Mobbing eine Form von Persönlichkeitsverletzung ist und der Schutz vor Mobbing unter die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers nach Art. 328 OR fällt, ist unbestritten.
Eine Definition von «Mobbing» sucht man in der einschlägigen Gesetzgebung vergeblich. In einem Entscheid hat das Schweizerische Bundesgericht den Begriff bereits 2011 aber wie folgt konkretisiert: «Mobbing ist ein systematisches, feindliches, über einen längeren Zeitraum anhaltendes Verhalten, mit dem eine Person an ihrem Arbeitsplatz isoliert, ausgegrenzt oder gar von ihm entfernt werden soll.» Davon wird seither ausgegangen.
Einzelne Vorfälle oder «normale» Arbeitskonflikte genügen zur Annahme von Mobbing nicht. Es geht um eine systematische Schikane bzw. um Psychoterror über längere Zeit, welche von anderen Mitarbeitenden oder Vorgesetzten (dann «Bossing» genannt) mit dem Ziel ausgeübt wird, die betroffene Person zu erniedrigen und fertig zu machen und so häufig auch aus dem Job zu drängen.
Wann Mobbing vorliegt,
lässt sich nicht verallgemeinern und muss immer im Einzelfall geprüft werden. Gemäss
Angabe der Mobbingzentrale Schweiz (www.mobbing-zentrale.ch) liegt Mobbing meist dann vor, wenn
mindestens eine Mobbinghandlung (nach allgemein anerkanntem Standard aus der
Arbeitspsychologie gibt es davon 45 in fünf Kategorien) mindestens einmal pro
Woche über mindestens sechs Monate vorgenommen wird. Das ist jedoch mit Vorsicht
zu geniessen.
Wer behauptet, gemobbt zu werden, muss das beweisen können (Art. 8 ZGB). Dabei müssen sowohl die Mobbinghandlungen wie auch die Mobbingabsichten der mobbenden Person(en) nachgewiesen werden. Vor allem Zweites ist regelmässig schwierig (Stichwort: «… es war doch alles nur Spass!). Hier hilft im Prozessfall das richterliche Ermessen und die sogenannte soziale Untersuchungsmaxime, die das Beweismass herabsetzt: es genügt, wenn ein Gericht aufgrund der Umstände mit überwiegender Wahrscheinlichkeit annehmen kann, dass eine Mobbingabsicht bestand.
Falls sich Irritationen wiederholen und nicht klären lassen, sollte möglichst rasch mit der Führung eines Mobbingtagebuchs begonnen werden, in welchem die Details der einzelnen Mobbinghandlungen (Art, Ort, Zeitpunkt, Beteiligte) sowie die Umstände festgehalten werden, welche auf die Absichten dahinter schliessen lassen. Damit allein ist der Beweis aber in der Regel noch nicht erbracht. Es empfiehlt sich deshalb, Vertrauenspersonen am Arbeitsplatz, Freunde und allenfalls auch Familienmitglieder einzuweihen, die dann als Zeugen aussagen können. Auch der Beizug einer Beratungs- und Coachingstelle (eine Liste der kantonalen Anlauf- und Beratungsstellen kann auf www.mobbing-zentrale.ch eingesehen werden) ist eine gute Idee, da dort neben strategischer Unterstützung auch eine oft nötige psychologische Unterstützung angeboten wird.
Wichtig ist vor allem, dass der Arbeitgeber bzw. die dafür zuständige Stelle (z.B. Vorgesetzter, Personalabteilung, Ombudsstelle) rasch möglichst informiert wird. Sobald der Arbeitgeber davon weiss, muss er im Rahmen seiner Fürsorgepflicht unverzüglich die nötigen Massnahmen ergreifen und gegen die mobbenden Personen vorgehen, um das Mobbing zu beenden, z.B. durch Weisungen, Abmahnungen oder Kündigung.
Tut er dies nicht (z.B. auch wenn er selbst als Mobber tätig ist), kann die betroffene Person je nach Schwere der Persönlichkeitsverletzung:
Zudem kann eine Anzeige beim kantonalen Arbeitsinspektorat wegen Verletzung des Gesundheitsschutzes gemäss Art. 6 des Arbeitsgesetzes erstattet werden. Das Arbeitsinspektorat führt dann einen Betriebsbesuch durch, falls Mängel der Betriebsorganisation festgestellt werden, kann es unter Strafdrohung Massnahmen zu deren Behebung verfügen.
Weiters ist zu beachten, dass eine Kündigung der betroffenen Person durch den Arbeitgeber in solchen Situationen oftmals missbräuchlich ist, z.B. falls der Arbeitgeber vom Mobbing gewusst, nichts oder zu wenig dagegen unternommen hat und dann wegen ungenügender Leistung kündigt. Solche Kündigungen können angefochten werden, der betroffenen Person steht zusätzlich eine Entschädigung von bis zu sechs Monatslöhnen zu.
Einzig in Fällen, wenn erfolglos alle nötigen
Massnahmen zur Beendigung des Mobbings ergriffen worden sind, kann der
Arbeitgeber ausnahmsweise der betroffenen Person anstelle der belästigenden
Person kündigen, falls dies im Interesse des Betriebs erforderlich ist.
Autor: Mark Sollberger, Rechtsanwalt / Dozent
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